Hungern gegen Wände

Dokumentarfilm

Drehbuch, Regie und Produktion, Yusuf Yesilöz
Kamera Hansueli Schenkel, Urs Koller Yoliswa Gärtig, Heydere Hesen
Montage Dieter Gränicher
Ton Olivier JeanRichard
Fertigstellung Januar 2004
Länge 52 Minuten
Ausstrahlung Fernsehsender 3sat, Schweizer Fernsehen (SF1, SF2) und Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF).

Cemal Miran, Student einer renommierten Universität in Ankara, schliesst sich der demokratischen kurdischen Bewegung an. Er wird nach dem Militärputsch im September 1980 verhaftet und auf massivste Art gefoltert. Das Militärgericht verurteilt ihn zum Tode. Gegen die Schikanen im Gefängnis wehrt er sich in einem vierzigtägigen Hungerstreik, in dessen Folge er ins Koma fällt. Er erwacht als behinderter Mensch mit Kleinhirnschwund. 1989 hebt der Kassationshof die Todesstrafe auf und Cemal Miran wird freigelassen. Mit Hilfe des UNHCR's flieht er 1993 in die Schweiz.

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Ein Film über Folter, Hungerstreiks und die Verarbeitung danach im Exil.

3sat

Der Dokumentarfilm von Yusuf Yesilöz zeigt, wie Cemal Miran mit seiner Erinnerung und seiner Behinderung den Alltag in der Schweiz meistert. Ein Film über Unterdrückung und Folter, aber auch über Freundschaft und Sehnsucht.

1980 wird der kurdische Student Cemal Miran, der sich der demokratischen kurdischen Bewegung angeschlossen hat, in der Türkei verhaftet, auf massivste Art gefoltert und von einem Militärgericht zum Tode verurteilt. Gegen die Schikanen im Gefängnis wehrt er sich mit einem vierzehntägigen Hungerstreik, er fällt ins Koma und wacht als behinderter Mensch auf. 1989 wird das Todesurteil aufgehoben, Cemal Miran wird freigelassen und flieht 1993 in die Schweiz

"Hungern gegen Wände" ist das Portrait von Cemal Miran, der wegen seines politischen Engagements für die Kurden insgesamt neun Jahre in türkischen Gefängnissen inhaftiert war. Ein Mensch, der wegen seiner Überzeugung in den Hungerstreik getreten ist. Er wollte, wie viele andere, gegen die Folter in den Gefängnissen protestieren und die dramatische Lage der politischen Gefangenen in der Öffentlichkeit bekannt machen. Mit dem langen Hungerstreik setzte er sein Leben aufs Spiel. Zwar entkam er dem Tod, doch er erwachte aus dem Koma mit Lähmungen. Diagnose: "Zerebrale Atrophie", eine Krankheit die viele nach dem Todesfasten wegen Mangelernährung erleiden.

Der Alltag von Cemal als behinderter Mensch und Flüchtling in der Schweiz, ist dem anderer Flüchtlingen ähnlich, die in den Westen kamen und versuchen, ein neues Leben aufzubauen. Darüber hinaus hat Cemal den Alltag eines Behinderten zu meistern, der in seinen Entfaltungsmöglichkeiten und Zukunftsaussichten an enge Grenzen stößt.
Neue Freunde in der Schweiz und Freizeit

Der Autor begleitet Cemal in die geschützte Werkstatt, in der er vormittags arbeitet und besucht mit ihm Dogan und Zeliha Turan, welche die traditionelle kurdische Gastfreundschaft in ihrem Cafe-Kiosk im Zürcher Kreis 4 weiter führen. Sie haben Cemal in der ersten Zeit in der Schweiz aufgenommen, heute ist er ihr Freund und gerngesehener Gast. Der Film zeigt Cemal beim Besuch einer Lesung des Dichters Ali Bicer in Bern. Dieser bringt seine Hafterlebnisse in Gedichten und ironischen Geschichten zur Sprache. Zwei Begegnungen mit Haft- und Hungerstreikkollegen ergänzen die Erzählungen von Cemal und reflektieren auch, wie unterschiedlich Menschen das Erlebte verarbeiten. Recep Marasli, ein bekannten Publizist, lebt heute in Berlin. Durch ihn erfahren wir Geschichten aus der gemeinsamen Haft- und Folterzeit. In seiner wunderbaren Bildersprache wird er uns über Cemal berichten, dem Cemal von damals, den er als energischen jungen Mann in Erinnerung hat.

Rusen Arslan, der einst renommierte Rechtsanwalt, lebt seit achtzehn Jahren in Deutschland. Wir treffen ihn in Hamburg, wo er heute als Kurier im Schneiderladen seiner Frau arbeitet und lebt. Er klärt uns über die juristische Situation der Häftlinge von damals auf und gibt anhand der Geschichte von Cemal einen Eindruck von der korrupten türkischen Justiz.

Durch Cemal und die Begegnungen mit seinen Freunden und ehemaligen Haftkollegen versucht der Film, eine Türe zu öffnen, um die Situation der damaligen Gefangenen und ihr heutiges Leben als - zum Teil behinderte - Flüchtlinge besser verstehen zu können. Im Mittelpunkt stehen nicht die politischen Themen selber, sondern die Betroffenen. Die Gründe, weshalb jemand bereit ist, sich zu Tode zu hungern, möchte der Autor anhand von Cemal - vor dem politischen Hintergrund der Türkei - dem Publikum nahe bringen.

Plädoyer gegen die Folter

Der Winterthurer Schriftsteller Yusuf Yesilöz hat seinen ersten Film gedreht:
Ein kurdischer Flüchtling erzählt, wie er heute mit den Folgen von Folter und Hungerstreik fertig wird.
Von Ralf Kaminski, Tages-Anzeiger; 22.01.2004; Seite 17
Winterthur

250 000 Menschen werden 1980 nach dem Militärputsch in der Türkei aus politischen Gründen verhaftet, darunter viele Kurden. Einer von ihnen ist der Student Cemal Miran. Die Justiz wirft ihm unter anderem vor, er habe Schriften, Flugblätter und Zeitungen für die kurdische Bewegung verbreitet und Protestaktionen organisiert. Im Gefängnis verlangt man von ihm, weitere Namen zu nennen und zu sagen, dass ihm seine Aktivitäten Leid täten. Weil Miran nicht kooperiert, wird er gefoltert: Er muss sich nackt ausziehen, muss stundenlang stehen, er erhält Schläge, Stromstösse, man droht ihm mit Vergewaltigung und Tod, bedroht seine Familie. Ein Militärgericht verurteilt ihn zum Tod. Um sich gegen die Schikanen im Gefängnis zu wehren, beginnt Miran einen Hungerstreik - damals eine verbreitete Art des Protests. Nach 40 Tagen fällt er ins Koma, als er wieder aufwacht, ist sein Gehirn geschädigt. 1989 wird das Todesurteil gegen ihn aufgehoben; Miran kommt frei und flieht 1993 in die Schweiz. Hier ist er zwar sicher, aber allein - und er muss lernen, mit seiner Behinderung und den schrecklichen Erlebnissen zu leben.

«Es wird noch immer gefoltert»

Fasting to Topple Walls

a film by Yusuf Yesilöz

Yesilöz casts an eye on Turkey's despicable record in its treatment of Kurdish prisoners since the 1980s. The filmmaker, himself briefly detained 1996 for the publication of Kurdish literature, interviews those who have suffered immeassurably more. One of the these, a former student activist, Cemal Miran, was arrested in 1980. Tortured on a daily basis, Miran went on a hunger strike in protest, like many prisoners did. He fell into coma, after which he has been disabled.The Film follows him and others victims as they try to rebuild their lives. Shocking and eye-opening. Yesilöz draws due attention to the systematic mistreatment of political prisoners that still continues in a soon-to-be Euro member state.

Filmmaker
Yusuf Yesilöz, born in 1964 in an Kurdish village in Central Anatolia, Turkey. 1987 Fled to Switzerland because of work in a publishing company. Since 1994 has translated Kurdish literature into German and set up his own publishing company, Ararat. Since 1998 hat written regular columns and essays for news papers. Since 2001 Columnist for the culture supplement of the Tages – Anzeiger. Author of various novels. 2001 Prix Litterarie Lipp for the French edition of "Reise in die Abenddämmerung". 2002 Honoured by the City of Zurich for his novel "Der Gast aus dem Ofenrohr". Roman: "Der Imam und die eselin, 2004

Filmfestivals
Internationale Solothurner Filmtage, Switzerland, Jan 2004.
Internationales Film Festival Innsbruck, Austria, June 2004.
International Human Rights Film Festival, September 2004 Glasgow
Kurdish Film Festival Berlin, September 2004
Kurdish Film Festival Zürich, Oktober 2004
Kurdish Film Festival, London, Oktober 2004
TV
3sat (Germany, Austria and Switzerland), ZDF (Germany) , SF 1 and SF2 (Switzerland)