9783857915598Gegen die Flut

Roman, Yesilöz Yusuf
Limmat Verlag Zürich, 220 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
1., Aufl., August 2008
SFr. 34.50, 34.50 €
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978-3-85791-559-8

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Der Kurde Alan lebt seit Jahren nicht mehr in seinem Heimatdorf, er ist überzeugt, auch die Normen und Traditionen zurückgelassen zu haben. Doch seine Welt gerät gänzlich aus den Fugen, als er von seiner Frau erfährt, dass sie ein Verhältnis gehabt hat. Er sieht keinen anderen Weg, als sich von Frau und Kindern zu trennen. Verschwunden ist die Grosszügigkeit, die er in all den Jahren zu entwickeln versucht hat, es bleibt nur noch eine tiefe Verletzung, die er als Mann nicht überwinden kann. In der Begegnung mit der Türkin Meryem sucht er neuen Boden, muss aber rasch erkennen, dass es so nicht geht. Vielmehr holt ihn seine Vergangenheit ein, die erste Ehe – er wurde gezwungen, eine Cousine zu heiraten – und die Tochter aus dieser Ehe. Yusuf Yesilöz erzählt die Geschichte von Alan und Meryem in melancholischem Ton, leise, ohne Anklage und mit grosser Kenntnis der verschiedenen Welten, in denen sich die Personen bewegen. Dass Alan behutsam eine Annäherung an seine ältere Tochter gelingt, öffnet den Weg in die Zukunft.

Pressestimmen

Bettina Spoerri , 2. September 2008, Neue Zürcher Zeitung
Zwischen Tür und Angel
Yusuf Yesilöz' neuer Roman «Gegen die Flut»

Manchmal kommt alles zusammen. So geschieht es dem Sänger Alan, dem kurdischen Protagonisten in Yusuf Yesilöz' neuem Roman: Seine Ehe mit der Schweizerin Dagmar geht gerade in die Brüche, die Aufnahmen für seine neue CD kommen nur harzig voran, und dazu lässt ihm das schlechte Gewissen, dass seine Tochter aus erster Ehe ohne ihn in der Türkei aufwachsen muss, weniger Ruhe denn je. Alans innere Auseinandersetzung spiegelt und ergänzt Yesilöz durch die Erfahrungen anderer Menschen, die vor ähnlichen Fragen stehen, wie sie sich ihm in seinem Leben stellen und stellten: die Türkin Maria/ Meryem, mit der er eine kurze Affäre hat, ihr Vater Aziz und Alans Tochter aus der ersten Ehe, der er mit seiner Emigration in die Schweiz entflohen ist. Ihre Berichte, Tagebuchaufzeichnungen und Gespräche erzählen von den Ahndungen der Familien in der Türkei, wenn sie ihre Ehre beschmutzt sehen.

«Gegen die Flut» beschreibt die Tage, die den nie ganz gefestigten Boden unter Alans Füssen immer mehr bröckeln lassen. Pendelnd zwischen dem Sofa in der alten Familienwohnung, wo er die zwei Kinder noch an einzelnen Abenden ins Bett bringt, und einem ungemütlichen, nach Schimmel stinkenden Zimmer, das er für sich auf die Schnelle gemietet hat, rutscht er immer tiefer in eine Krise. Von den Traditionen und Wertvorstellungen der Menschen aus dem Dorf in der Türkei, aus dem er stammt, hat er sich entfernt, und doch bestimmen sie sein Leben stärker, als er sich bisweilen bewusst ist. Wie Yusuf Yesilöz diese Orientierungslosigkeit, oder eher noch: diese Überforderung eines Menschen, der zwischen verschiedenen Wertsystemen eingeklemmt wird, in Alans Gedanken und Handlungen fasst, gehört zu den subtilsten Passagen dieses Buches.

Der Autor ist auch nicht der Versuchung erlegen, die psychologische Komplexität der Situation für das Romanende zu vereinfachen; so wissen weder er noch Dagmar, wenn sie im Gericht schliesslich ihre Trennung in die Wege leiten, eindeutig, was sie auseinandergetrieben hat. War es wirklich der eine Seitensprung? Der Verlust von Liebesgefühlen? Oder doch die Kulturunterschiede, die den Alltag so schwierig gemacht haben? Allerdings hatten Dagmar und Alan gerade dafür gute Lösungen gefunden, sich gegenseitig mit Respekt behandelt. Sie waren gegen den Strom der Vorurteile und der Intoleranz geschwommen.

So schliesst Yusuf Yesilöz' neuer Roman mit einem resignativen Ton. «Gegen die Flut» ist ein Buch der leisen Töne – schade nur, dass man beim Lesen über nicht wenige Unachtsamkeiten von Lektorat und Korrektorat stolpert.

HELMUT DWORSCHAK, 4.September 2008, im Landboten
Leben mit einem Schleier vor den Augen
In seinem Roman «Gegen die Flut» schildert Yusuf Yesilöz die Geschichte eines Mannes,der den Boden unter den Füssen verloren hat.

WINTERTHUR – Unsere Umgebung verändert sich fortwährend, das Leben ist ein ständiger Anpassungsprozess. Am härtesten trifft es aber wohl jene, die mit einem Mal im eigenen Heim als Fremde verkehren. So ergeht es dem kurdischen Sänger Alan, der nach einem Seitensprung seiner Schwei­zer Frau von seiner Familie getrennt lebt. Um die Kinder zu sehen, kommt er manchmalzum Abendessen vorbei und übernachtet dann im Wohnzim­mer. Das Verhältnis der beiden Ehe­leute ist angespannt. Sie möchte so­bald wie möglich die Scheidung, er zö­gert den Entscheid hinaus. «Alan und Dagmar grüssten sich mit einem Kopf­nicken. Beim gemeinsamen Essen mit den Kindern versuchten beide, anein­ander vorbeizuschauen.»

Ein sachlicher Tonfall zeichnet den neuen Roman des Winterthurer Au­tors Yusuf Yesilöz aus. Nach seiner mit viel Lokalkolorit versehenen, mit­unter auch humorvollen Kriminaler­zählung «Lied aus der Ferne» wendet er sich nun wieder dem Gefühl der inneren Heimatlosigkeit zu, das den 1964 in der Türkei geborenen kur­dischen Schriftsteller und Filmema­cher in allen seinen Werken umtreibt. Er tut dies hier in nüchtern beschrei­benden Sätzen ohne Pathos. Auch sein Talent für originelle Bilder lässt Yesi­löz immer wieder aufblitzen.
Ein Mann unter Druck

Um die Gemütslage zu verdeutlichen, in der sich seine Figuren befinden, be­vorzugt der Autor das alltägliche De­tail. So gelingen eindringliche Schil­derungen des Fremdseins. «Er starrte eine Weile auf die Türen der Kinder­zimmer. Wie gewohnt öffnete er den Schuhkasten aus hellem Holz, um sei­ne Schuhe anzuziehen. Die bisher für ihn reservierten Fächer waren aber mit Schuhen seiner Frau belegt ...» Yesilöz stattet die Existenz seines Protagonisten mit durchaus zeittypischen Zügen aus. Eingebunden in die Pflichten gegenüber Familie und Beruf scheint ihm die Untreue seiner Frau – die aus ihm den «idealen Hausmann» machen wollte – nur einen Vorwand geliefert zu haben, sich endlich vom Druck zu befreien, der auf ihm lastete. Dass ihn seine berufliche und familiäre Rol­le überfordert, kann Alan im Grunde selbst nicht verstehen: «Seine Tante im Heimatdorf hatte dreizehn Kinder. Er hatte nie gehört, dass sie sich über die zu versorgenden Kinder beklagt hätte.»

Viel Raum nimmt die Begegnung mit einer türkisch und schweizer­deutsch sprechenden Frau ein, die sich Alan im Zug gegenübersetzt. Die Frau, Mitte dreissig, schön und «duftend wie ein Rosengarten im südlichen Früh­ling», weckt sein Begehren, und ob­wohl er sich eigentlich auf keine Frau­engeschichte mehr einlassen will, trifft er sich erneut mit ihr. Dies entspricht einem Verhaltensmuster, in dem der etwa vierzigjährige Mann gefangen ist, der, ständig auf der Suche nach at­traktiven Frauen, sich jeweils wieder zurückzieht, sobald eine mehr Zeit mit ihm verbringen will. Ein Psychia­ter, bei dem er sich einmal Rat gesucht hatte, fand heraus, «dass seine Dauer­suche nach neuen Frauen irgendetwas mit seiner Vergangenheit zu tun hat­te, nämlich mit dem verlorenen Boden unter den Füssen».
Orientierungslosigkeit

Aber das Verhältnis zu Maria oder Me­ryem, wie die türkische Entsprechung lautet, verläuft anders, als es sich Alan vorgestellt hat. Bei ihrem ersten Ren­dez-vous öffnet sich Meryem und beginnt ohne Umschweife ihre Lebens­geschichte zu erzählen. Dies bringt Alan dazu, sich wieder mit seiner eige­nen Biografie zu beschäftigen: mit sei­ner unglücklichen ersten Ehe, die im kurdischen Heimatdorf zwischen Alan und einer seiner zahlreichen Cousinen geschlossen worden war, und mit sei­ner aus dieser Ehe stammenden Toch­ter, von der er so gut wie nichts weiss.

Obwohl Alan und Meryem sich längst in einer neuen Welt eingerich­tet haben, werden sie die Schatten ih­rer Vergangenheit nicht los. Sie blei­ben Menschen auf der Suche nach Geborgenheit, und beide benützen einander, um eine Lücke zu füllen, die das Leben hinterlassen hat. Ohne ins Psychologisieren zu verfallen, ge­lingt Yesilöz die einfühlsame Schilde­rung einer heute längst nicht nur un­ter Emigranten verbreiteten existen­ziellen Orientierungslosigkeit.

Florian Vetsch in der Wochenzeitung WOZ vom 30.10.2008
Gegen die Flut

Der 1964 in einem kurdischen Dorf in Mittelanatolien geborene Yusuf Yesilöz floh 1987 in die Schweiz. Heute lebt er mit seiner Familie in Winterthur, wo er 2007 den Preis der Kulturstiftung Winterthur für sein Werk erhielt, das aus Romanen, Erzählungen und Dokumentarfilmen besteht. In seinem neuen Roman «Gegen die Flut» erzählt er die Geschichte des kurdischen Sängers Alan, der sich von seiner Schweizer Gattin Dagmar, mit der er eine Tochter und einen Adoptivsohn hat, trennen muss. So sehr Yesilöz die aufeinanderprallenden Welten ausleuchtet, geht es ihm zugleich um die Darstellung allgemein menschlicher Probleme. Aus der Eifersucht entspringt das Übel, das zum Zerreissen der vierköpfigen Familie führt: Alan kann es nicht verwinden, dass ihn seine Frau betrogen hat. Seine Reaktion - er zieht aus - fällt so entschieden aus, dass Dagmar die Trennung unwiderruflich einleitet.

Yesilöz schildert die Wechselbäder der Gefühle so realistisch, dass auch LeserInnen, die nichts Vergleichbares erlebt haben, einen tiefen Einblick in den Trennungsprozess einer sich auflösenden Familie bekommen, und zwar gerade weil der Autor auf Schuldzuweisungen verzichtet. Neben diesen psychologischen Feldern beschreitet Yesilöz kenntnisreich die interkulturellen. Auch, was Alans Beruf angeht: «Hätte Alans Grossmutter, die ihm als Kind das Singen beigebracht hatte, davon erfahren, dass von ihm verlangt wurde, für das Label in einer festgelegten Zeitspanne zu singen, wäre sie in ihrem Grab aufgestanden, hätte die Welt nicht mehr verstanden und ihre Geschichten und Lieder, die sie ihm geschenkt hatte, zurückverlangt.»

Gegen die festgefahrenen Verhaltens- und Wertsysteme kämpft Alan oft verzweifelt an. Der Trost, den ihm eine flüchtige Liebesbeziehung verschafft, hält nicht an. Als stärker erweist sich der Mut zur Selbstkonfrontation, die Auseinandersetzung mit seiner ersten Ehe in der Türkei, aus der eine Tochter hervorgegangen ist. In den Kindern leuchtet ganz am Schluss des sorgfältig und bilderstark erzählten Romans ein Silberstreifen am Horizont auf.

Isabel Hemmel, im Züritipp, Tages Anzeiger 4. September 2008
Von Hinten Erdolcht
Der Kurde Yusuf Yesilöz hat in der Schweiz sein Glück gefunden. Wie es ist, wenn dieses fremde Glück zerbricht, davon erzählt sein neuer Roman «Gegen die Flut».

Alan ist Kurde und Musiker, seine Lieder sind sein Leben. Als Flüchtling kam er vor Jahren in die Schweiz. Er hatte Glück. Er lernte die Schweizer Psychologin Dagmar kennen, heiratete sie, bekam mit ihr eine Tochter. Ein adoptierter Sohn machte die Familie komplett. Es war eine friedliche Zeit. «Alan hatte sich bei der Heirat mit Dagmar weder für die eine noch für die andere Kultur entschieden, er schwankte dazwischen.» Ein angenehmer Schwebezustand. Der an dem Tag, an dem Alan feststellt, dass seine Frau eine kurze Affäre mit einem anderen Mann hatte, eine gravierende Störung erfährt. Plötzlich droht sein Grossmut unter dem verletzten Stolz zu zerbröseln. Und so wie für die Männer aus seinem Dorf, die von ihrer Frau «von hinten erdolcht», also betrogen wurden, gibt es auch für Alan plötzlich kein Zurück mehr.

In «Gegen die Flut» schickt Yesilöz seinen Protagonisten auf eine intensive und aufreibende Suche nach der eigenen Identität. Der Autor lässt Alan taumeln zwischen der Kultur seiner Frau und dem Erbe seiner Eltern, zwischen Helvetismen und der blumigen, bildhaften kurdischen Sprache. Die zufällige Begegnung mit der Türkin Meryem, die sich für ein selbst bestimmtes Leben entschied und sich deshalb immer wieder verantwortlich für den Tod ihres Vaters fühlt, zwingt Alan dazu, sich mit längst überwunden geglaubten Werten und Traditionen zu befassen. Das führt zu einer Annäherung an die Tochter aus erster Ehe, die Alan damals in der Heimat zurückliess. Nun setzt er sich nicht nur mit der Gegenwart auseinander, sondern auch mit seiner Vergangenheit.

Mit leisen Tönen und subtilem Humor treibt der Autor, Filmemacher und ehemalige «züritipp»-Kolumnist Alans und Meryems Geschichte voran. Durch die Tonbänder mit der Lebensgeschichte von Meryems Vater und die Tagebuchaufzeichnungen von Alans erster Tochter stellt Yusuf Yesilöz, der 1987 als Flüchtling in die Schweiz kam, der hiesigen eine von Traditionen und strengen Werten geprägte Welt gegenüber. Und vermittelt so eine Ahnung von einem Leben dazwischen.

Von Beat Mazenauer, Literaturkritik.de
Ein Leben im Dazwischen
Yusuf Yesilöz erzählt eine Exilgeschichte im Spannungsfeld von Integration und Tradition

1987 floh der kurdische Autor und Filmemacher Yusuf Yesilöz als 23-Jähriger in die Schweiz. Heute lebt er bestens integriert in Winterthur und schreibt seine Bücher auf Deutsch. Doch noch immer pochen zwei Herzen in seiner Brust. „Die Verwurzelung ist vielleicht das wichtigste und meistverkannte Bedürfnis der menschlichen Seele", zitiert er Simone Weil im Vorspann zu seinem neuen Roman „Gegen die Flut".

Darin erzählt er vom kurdischen Sänger Alan, der sich in der Schweiz gut eingelebt hat. Er ist mit seinen Konzerten erfolgreich, und die Ehe mit der Psychotherapeutin Dagmar hat den kulturellen Unterschieden bisher standgehalten. Mit ihren zwei Kindern, der Tochter Zerye und dem Adoptivsohn Dara, bilden sie eine unscheinbare Kleinfamilie. Ein einmaliger Seitensprung Dagmars führt jedoch zum Zerwürfnis. Alan empfindet diesen als Schmach und zieht aus der Wohnung aus, wodurch sich wiederum Dagmar verletzt fühlt und auf eine Trennung drängt. Bisher verdeckte Gefühle brechen unvermittelt auf. Im Schatten der zwei ungleichen Kulturen bleibt aber unklar, wer welche Schuld trägt.

Verletzt und einsam macht Alan die Bekanntschaft einer heiteren türkischen Frau, Meryem, die sich in ihn verliebt und ihm freimütig ihr Herz öffnet. Im Namen der Tradition hat sie erlebt, wie ihr die Familie die Freiheit rauben wollte. Auch Alan trägt ein Geheimnis mit sich: in der Türkei liess er eine Tochter und eine ihm versprochene Frau zurück. Doch er rückt damit nicht heraus.

Aus Alans Perspektive erzählt Yesilöz von den Irritationen, die den gut integrierten Sänger im Spannungsfeld von Tradition und Anpassung gefangen halten. Er bleibt zurückhaltend, was ihm von seiner Frau zum Vorwurf gemacht wird. Selbst dass er – ein Don Juan wider Willen – Erfolg bei Frauen hat, macht den Melancholiker nicht glücklich.

„Gegen die Flut" ist ein Roman mit zwei Gesichtern. Die Beziehungsgeschichten wirken etwas oberflächlich angelegt – insbesondere Meryem bleibt eine Kunstfigur. Yesilöz ist kein Sprachzauberer, seine Beziehung zur deutschen (Fremd-)Sprache ist eher pragmatisch. Er nutzt sie als Medium, um zu erzählen. Genau hierin liegt seine Stärke. „Gegen die Flut" überzeugent durch die hohe Sensibilität, mit der das Gefühlskarussell des Helden eindrücklich geschildert wird. Dieser kann nicht aus seiner Haut. Am Ende lässt Yesilöz klugerweise offen, weshalb die Ehe zwischen Alan und Dagmar geschieden wird. Letztlich kann es hier keine Eindeutigkeit geben, weil Dagmar wie Alan notgedrungen ihren Traditionen verpflichtet bleiben. Dagmars Wunsch nach Vergebung muss uneingelöst bleiben, weil ein gehörnter kurdischer Mann zum Gespött wird und nicht mehr vor seine Familie treten kann.

www.daswortreich.de
Roman "Gegen die Flut"

Erzählt wird die Geschichte mit einer unterschwelligen Melancholie die allerdings keine übermäßige Traurigkeit oder Verzweiflung offenbart. Vielmehr wird über die Seiten des Buches deutlich, wie sehr der Protagonist in sich ruht und den Schlüssel zu seiner Vergangenheit und seiner Zukunft in der Auseinandersetzung mit sich und seiner Kultur findet. Es ist erstaunlich wie es Yesilöz gelingt, mit seiner Sprache den richtigen Ton zu finden, zumal er nicht in seiner Muttersprache schreibt. Im ganzen Buch finden sich keine Allgemeinplätze über Kulturunterschiede und keine pathetische Glorifizierung oder Kritik an der eigenen oder der fremden Kultur. Er stellt sogar durch den Protagonisten Alan die Frage, ob man als kurdischer Flüchtling wirklich zwischen zwei Kulturen hin und her gerissen ist, da Alan sich in der eigenen, kurdischen Tradition auch nicht zu Hause fühlt. Zuhause ist wohl da, wo die Kinder sind. Und da eines von Alans Kindern in dem kurdischen Dorf zu Hause ist, wird ein Teil von ihm auch immer dort zu Hause sein.

"Gegen die Flut" offenbart eine leise erzählte Geschichte voller Melancholie die einen Einblick in das Gefühlsleben eines kurdischen Mannes im Westen gewährt. Derjenige Leser, der eine blutige Geschichte mit einer Thematik wie Ehrenmord oder Blutrache erwartet, wird positiv überrascht sein über die Sensibilität und Differenziertheit der Romanfigur in der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Kulturen. Sehr lesenswert gerade in heutigen Zeiten, die vielmehr von dem Kampf der Kulturen geprägt zu sein scheint als von der Versöhnung der Kulturen, wie sie in diesem Buch immer präsent ist.